„Tanzbare Kunst“ nennt es das Hamburger Abendblatt, die Tageszeitung Die Welt nähert sich dialektisch, es sei die perfekte Pop-Band und genau deshalb erfolglos, und schon zu Viva-Zwei-Zeiten war klar, dass diese Gruppe nicht aus einer 80s-Revival-Idee heraus geboren ist, sondern ziemlich avantgardeesk unterwegs ist.

Zoot Woman aus England verfügen über ein geniales Mitglied namens Stuart Price. Und es ist schon fast Kult, dass der niemals Zeit für seine mittelmäßig erfolgreiche Indie-Band hat. Vielmehr ist er mit Ikonen wie Madonna, Missy Elliott oder The Killers unterwegs. Eigentlich auch schon wieder interessant: Eine dreiköpfige Band, die man seit jeher immer nur zu zweit sieht. Und ehrfürchtig lauscht man in Interviews (selbstredend ohne Price), was diese mysteriöse Musikerlegende gerade alles so in den Vereinigten Staaten treibt. Stuart Price: Unser Mann in Hollywood!
Die beiden Brüder Adam und Johnny Blake verkörpern die Band auch 2024 noch live höchst elegant – trotz rosa- und lilafarbenen Jackets. Es ist eine Gruppe, die ästhetisch für ein Gesamtkonzept steht und man könnte sie in einer Linie mit New Order, Erasure oder den Pet Shot Boys nennen, letztere zapften anbei auch schon den geheimnisumwobenen Stuart Prince kreativ an.
Zoot Womans 2001er Debüt „Living in a Magazine“ war direkt ein Konzeptalbum über die komplexe Lebenswelt von Model Jessie. Und diese eingängige Platte wollte beim Kölner Konzert im Artheater auch gehört werden.
Das Publikum reagierte nach jedem Song aus sechs regulären Alben Bandgeschichte recht euphorisch. Kein Halten aber mehr gab es nach Tracks wie „It’s Automatic“ oder „Living in a Magazin“. Aber auch „Grey Day“ vom selbstbetitelten Album von 2003 sorgte für heftigen Applaus.
Ein wenig unangenehm für beide Seiten erschienen Beifälle, die innerhalb von längeren Breaks innerhalb der Songs aufkamen. „Nein, das Lied ist doch noch gar nicht zu Ende!“, stand den Brüdern ins Gesicht geschrieben, wenn sie jüngere Titel von „Maxidrama“ zum Besten gegeben haben.

Während Adam Blake die Synthesizer und bei manchen Tracks auch Live-Drums im Griff hat, ergänzt Johnny Blake den Sound mit seiner Telecaster reduziert und doch sehr anspruchsvoll. Alles klingt enorm auf den Punkt gebracht, keine langen Solos oder klangliche Ausschweifungen. Es ist ein musikalisch geschärfter Zugang, der einen Trademark-Sound entstehen ließ, der eingängig, leichtfüßig und fast immer tanzbar daherkommt.
Der glasklare Gesang ist unverwechselbar. Minimalistisch auch die Ansagen zwischen den Songs: Es gibt praktisch keine, genauso wie eine Vorband. Alles was von der Musik Zoot Womans ablenken könnte, wurde weggekürzt.
Das Trio, das eigentlich nur ein Duo ist, live zu erleben, ist wunderbar. Trotz eines einheitlichen Sujets, was die Instrumentierung und musikalischen Aufbauten betrifft, ist das Konzertereignis abwechslungsreich und bei Zeiten bisweilen sogar recht ravig angehaucht, vor allem was die neueren Arrangements betrifft.
Tja, was soll man zu diesen Kritiker-Lieblingen noch sagen? Geschmeidig schlossen sie eine Nische zwischen Indie-Rock und Elektronica und waren damit regelrechte Pioniere. Heute kommt auch noch ein Nostalgie-Faktor dazu, der ihre frühen so grandios unaufdringlichen Titel eher noch besser werden lässt. Jugendsünden, das waren andere Bands.
Die schier zeitlosen Zoot Woman funktionieren live auf allen Ebenen ausgesprochen gut und auch wenn es nicht die größten Clubs waren, die sie auf dieser Tour bespielten, haben sie alles richtig gemacht. Fast immer war es ausverkauft und man kann festhalten, dass die damals jungen Engländer zu Beginn des neuen Jahrtausends etwas Einzigartiges geschaffen haben, was Bestand hat. Und eine derartige künstlerische Handschrift zu entwickeln, das will erst einmal geschafft werden.
